Freitag, 8. Oktober 2010

Schlatter unterwegs LXXXXIII: Wie es zur Republik Kugelmugel kam

Bruno Schlatter teilt mit (Donnerstag, 7.10.2010)

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Kollegium Karlsburg

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Nette Idee um CD’s zu verkaufen, Automat im Flex

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Dieter Schrage

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Wiener Beschwerdechor auf der Bühne, wo hie und da auch freundlich gewunken wird…

 

Abendprogramm im Flex, ein undergroundiges Lokal am Fluss. Der Augustin feiert 15 Jahre Jubiläum. Treffe Doris, die noch aufgewühlt ist von der vorherigen Demo und einem eher kühlen Empfang durch den Augustin, für den sie seit Jahren ja auch arbeitet. Später kommt auch der Doppelbürger und ich kann ihn von seinem Glück informieren, dass er im strengen Sinn, nun der per Selbsternennung der Bürger der Augartenstadt sein dürfe. Zum Start das Kollegium Kalksberg, Wiener Lieder mit Schmäh und viel Alkoholgehalt. Nicht immer einfach zu verstehen, aber durchaus eben so charmant wie ein kratziger Bart am Morgen mit Schnapsfahne.

Dann treffe ich Reinhard Prenn, den Propagandaminister der Republik Kugelmugel. Wir setzen uns in ein Café am Schwedenplatz (beim ÖVP-Anlass auf dem näheren Schiff fanden wir uns doch nicht richtig am Platz). Prenn erinnert sich, wie er zu den wenigen gehörte, die auch mal in der Kugel drin an einer Versammlung teilnahmen. Zum Schluss bietet er auf diesem Weg Edvin Lipburger den Rücktritt an, einerseits weil er rund 20 Jahre nichts getan habe, andererseits wohl auch, weil er nun genau durch mich und mein Interview in einem gewissen Sinn Amtsverletzung betrieb, widerspricht doch die Öffentlichkeitsarbeit seinem Auftrag, eben gerade auf Propaganda zu verzichten. Und kaum ist das erledigt, benimmt er sich wie sich ein wahrer Politiker benehmen muss und beantragt das Amt in Noseland! So treue Minister heissen wir sofort willkommen!

Zurück spielen die Ja, Panik im grossen Saal und zwar so laut, dass mir sogar zuhinterst – bei einem wohlgemerkt ruhigen Stück – die Ohren wackeln. Schnell wieder raus und den Doppelbürger bei Widerstandsarbeit ertappt. Erfahre von den Vorfällen in Stuttgart. Ja, so ist die Welt! Später rumpeln noch die First Fatal Kiss ihren Rumpelpunk. Schön, gibt es noch unbekümmerte junge Mädels, die sich trauen, ihr Ding durchzuziehen. Tönt schon ein bisschen wie die (Punk)- Väter, oder wärens schon die Grossväter, vor 30, 40 Jahren, als die ihre ersten Versuche in die Saiten hauten.

Am Morgen liest mir Anne Bennent Robert Walser-Texte vor, von musikalischen Intermezzi Otto Lechners begleitet, gwundrig, 2000. Schön, wieder mal die charmante, hinterhältige Poesie Walsers zu hören. War er doch mitverantwortlich, mich zu einem Phantasten zu machen. Arbeite aber nebenbei und werde mir das nochmals in Ruhe anhören müssen, tönt sehr gut.

Dann den Abend vorbereiten und ausdrucken im Internetcafé sowie Weiterarbeit am Krause-Interview.

Um 1 Uhr treffe ich mich mit Habib, ich darf ihm helfen einen kleinen Arbeitsbestätigungstext zu übersetzen, der ist wichtig für seine Aufenthaltsbewilligung, er muss als freischaffender Musiker mindestens 800 Euro regelmässiges Einkommen aufweisen.

Um 14 Uhr treffe ich auch noch Dieter Schrage, der in der Sargfabrik wohnt. Ausser dem alten Schlot wurde das ganze Gelände geschleift und neu gebaut und gilt heute als europäisches Vorzeigeprojekt für Wohnen, Arbeiten, Kultur und Bildung. Dieter Schrage ist 75, wirkt aber immer noch kämpferischer als manch 20ig-Jähriger. Er war in den 70ern für eine Bank als Kurator tätig und hat so den Maler Edvin Lipburger und auch die Ideen zum Bau des Kugelhauses kennen gelernt. Schrage erzählt, wie Lipburger dann, als die österreichischen Baubehörden den Bau des Kugelhauses verboten, dazu kam, die Republik Kugelmugel zu gründen und sich somit den österreichischen Republikgesetzen zu entziehen. Schrage hat die Kugelmugel, während sie noch im Bau war, besucht, sich aber später gedanklich von ihr entfernt, weil er in Projekten wie der Arena viel beschäftigt war. Dazu wurde er Vizedirektor des einen Hauses des damaligen Museums für moderne Kunst.

Um fünf bin ich bei der Tribüne beim Apollo und erwarte das Eintrudeln des Wiener Beschwerdechors, der heute eine kleine Tournee durch Wiens öffentliche Plätze macht. Erlebe mal was Neues: normalerweise geht ja das Handy im Publikum ab, hier wird der Spiess umgedreht und der eine Sänger, ausgerechnet der Doppelbürger, telefoniert noch, während der Dirigent ansetzt.


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Nachtrag VJ, der die netten Live-Animationen im Werk gemacht hat

Kollegium Kalksburg

Zehnsekundenstar

Phantasieren

Sargfabrik

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1 Kommentar:

  1. Ja, daran kann ich mich noch erinnern! Das war eine gute Veranstaltung! Der Beschwerdechor ist sowieso top! Die Wienerlied Sängerin Charlotte Ludwig hat mir auch gut gefallen und Schrage auch! Ich denk an ihn.
    Fritz

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