Bruno Schlatter teilt mit (Sonntag, 29.8.2010):
Allsaits im Liz & Chrege (rechts Mike, links Tinu)
Das Wiener Bier: Schwechater (heisst wie der Flughafen)
Blick in die Blindengasse
Nach dem Verzehr des letzten Fisches und der Riesencrevettenrestbestände meines bescheidenen Tiefgefrierfaches locken mich Salsaklänge ins nahe Camino. Statt der erwarteten Band nur ein Duo, dafür wirklich schön: Gitarre, Gesang und Percussion (2 Conga und eine Glocke gespielt wie eine Bassdrum, die den nötigen Tribe verleiht).
Nachher will ich noch den Zahlungsbefehl für die ausstehenden Rechnungen auf die Post bringen, weil aber alle Strassen in Aarau aufgerissen werden und ich somit nicht zum Briefmarkenautomaten gelangen kann, muss ich zur Hauptpost am Bahnhof. Ich bringe noch ein Bier in die‚Waage‘ für Erich & Elizabeth (statt einem Orden) und ein weiteres deponiere ich bei ‚Liz & Chrege‘ für Walti, der mir die Wohnung in Wien zu wirklich sehr guten Konditionen zur Verfügung stellt.
Dort spielen wieder einmal ‚Allsaits‘, alte Bekannte, am Bass Mike Zeller und an der Gitarre (& Komposition) der Tinu. Weil Tobi und Michi auch da sind, bleibe ich und lausche den Klängen des Trios: sie haben sich wirklich sehr gemacht, erfrischende Seitenmusik.
Auf dem Heimweg noch ein Blick in den Butcher’s Pub, wo ‚King Dean‘ einfach gestrickten Rock spielt, natürlich kommt auch der reale Dean vorbei. Nach zwei, drei Songs gehe ich nach Hause, erledige die letzten Putzarbeiten, werfe Michi noch ein wenig Geld in einem Couvert durchs Fenster, damit er meine Telefonrechnung bezahlen kann und schaue noch kurz fern.
Am Sonntag wieder mal richtig früh auf, die letzten Packereien erledigen und auf den Zug. Die Sonntagszeitung vertreibt die Zeit. Mmmm… wo geht denn die Zeit eigentlich hin, wenn sie vertrieben wird? Sollen wir auf Noseland ein Asyl für die vertriebene Zeit einrichten? Sozusagen einen gewaltigen Zeitspeicher! ... und ich weiss jetzt mehr über die ‚Blindwühle‘.
Im ‚Falter‘, dem Veranstaltungsmagazin Wiens, den mir Walti vor längerer Zeit gebracht hat, studiere ich die Kulturadressen Wiens, lese noch das Schulblatt, Aargau und Solothurn vom 27. August (bin zwar emotional wirklich weit weg von den schulischen Realitäten und werde mich wohl die nächsten Wochen noch weniger damit beschäftigen). Weil das Hauptthema Biodiversität ist, bin ich schnell durch, gebe ja vorläufig keine Biologie…
Ab der österreichischen Grenze beginne ich, das Vorwort zu meinem Buch unter dem Arbeitstitel ‚Königliche Sommerreise‘ zu erarbeiten. Der Himmel klart zunehmend auf! Ab Innsbruck gibt es Sonnenschein! Später noch Verarbeitung von Videomaterial. Würde gerne ein bisschen dem Zukunftsforscher Horx lauschen, aber ausgerechnet der Jüngste im Zuge will nichts davon hören, also stelle ich wieder ab, weil ich keinen Kopfhörer dabei habe.
Folglich stilleres Aktenstudium: zuerst Z(orten) mit seiner Verflechtung von Leben und Kunst im ruralen Raum, dann das Konzept des Gängeviertels -das meinem selbstverwalteten Geist sehr gefällt und radikale Utopien vertritt- und einen Gegensatz zu Z(orten) darstellt, insofern als dass die Verflechtung von Leben und Kunst im urbanen Raum gesucht wird.
Schliesslich eine Analyse zu Thomas Morus ‚Utopia‘, das ich sicher auch schon zweimal gelesen habe und nach wie vor zu den inspirierenden Quellen zähle, wenn auch einige verwirrende Ansätze wie z. B. die Todesstrafe für das Verbrechen öffentlicher, politischer Diskussion ausserhalb gewisser dafür bestimmter Räume besteht (das Schicksal Morus‘ war ja dann ironischerweise die Todesstrafe…). Besonders gefällt mir weiterhin die Hauptaufgabe des Gemeinwesens, die darin besteht, die Arbeitszeit zugunsten der Musse und Bildung zu reduzieren. Bravo Morus! Reduzieren und gleich verteilen… dann haben alle Arbeit und niemand überarbeitet sich: Morus rechnet mit 6 Stunden täglich, dies allerdings vor der Industrialisierung…
Am Westbahnhof Wien werde ich von Elizabeth und Walti freundlich empfangen und in die ersten Wiener Begebenheiten eingeführt. Zusammen fahren wir in die Blindengasse, wo ich in einer übrigens sehr schönen Wohnung die nächsten 6 Wochen hausen und wirken werde. Zum Apéro gibt es ein Wiener Bier (Schwechater = nicht überragend, aber trinkbarer Durchschnitt) und ein paar Tomaten (Anmerk. der Redaktion: das sind keine Tomaten, das sind Paradeiser!). Nach dem einräumen und ersten Instruktionen zur Wohnung gehen wir essen. Lustigerweise fahren und marschieren wir nahezu ans andere Ende der Stadt ins Restaurant Wild. Als wir dort ankommen, kann ich nur feststellen, dass ich vor zwei Jahren genau hier auf einem meiner kurzen Streifzüge während der Autoren-EM mal einen Kaffee in der Gartenbeiz getrunken habe. Kleine Welt… kleines Wien. Noch kleiner wird die Welt auf dem Rückweg, als wir im Café Hummel versuchen an einen W-LAN-Anschluss anzudocken, wie ich mich drehe, sitzt da Lorenz Langenegger, der schon vor 2 Jahren mit im Team war. Er ist seit ein paar Tagen in Wien, mit der Aussicht hier zu bleiben. Natürlich tauschen wir die Telefonnummern aus und ich hoffe, am Mittwoch mit ihm am Prater Fussball zu spielen!
Das mit dem W-LAN funktioniert erst nach einigem Fluchen und den verschiedensten Knöpfen, wie wir wieder in der Wohnung sind: immerhin! Ich bin mal irgendwie online!
//LINKS//
Allsaits
Blindwühle
Thomas Morus‘ Utopia
//LINKS ENDE//
WICHTIGER HINWEIS fuer alle LESERINNEN:
Mit diesem Bericht, eröffnen wir die Phase 3.
Begonnen hat alles hier –> Phase 1 mit Beitragen zu Mikronationen
Dann ging es über zu –> Phase 2 mit Beiträgen zu Autonome Systeme
Jetzt also Phase 3, die sich vor allem in Wien erleben lässt
HINWEIS ENDE