Montag, 27. Dezember 2010

Niklaus Lenherr: Baeretswil 1978 – 1979 – 1 von 6 (Polaroids)

Niklaus Lenherr - Baeretswil 1978 - 1979 I

Die Polaroid-Lichtbildnerei

Als junger Kunststudent an der F+F (Schule für experimentelle Gestaltung) in Zürich Ende der 70er Jahre des letzten Jahrhunderts konnte ich mich richtig gehend mit Polaroid-Experimenten austoben. Die seriöse Fotografie mit s/w- oder Farb-Negativen oder mit Dias war ein selbstverständlicher Teil meiner Existenz seit Beginn der Kindheit und ist es nota bene nach wie vor, sowie mit vorsichtiger Erweiterung ins Digitale.

Aber diese Bilder-Schnellentwicklung von eben erst fotografiertem war eine Sensation! Und was mann/frau da nicht noch alles daran manipulieren und physikalisch beeinflussen konnte, war beinahe unerschöpflich. Mit der EE 100 liessen sich die wunderbarsten schwarz-weisse Sofort-Bilder machen, die ich dann oftmals in Collagen integrierte. Der Geruch, der beim entwickeln entstand, ist mir in bester Erinnerung oder oftmals gab es auch leicht verätzte Finger bei unsachgerechter Handhabung.
Ja, oder die legendäre SX-70: Unzählige Streifzüge mit Beat Bracher wurden damit dokumentiert – die Bilder existieren noch immer – oder die wunderlichsten Bildwerke entstanden, wenn die chemischen Reaktionen selbsttätig wurden. Trotz handlicher Faltung, trug mann/frau Gewicht mit sich herum. Sorgfalt beim Fotografieren war als Künstler Ehrensache. Für mich sind die Arbeiten, die Christoph Rütimann auf der Basis von Polaroid-Fotos umgesetzt hat, nach wie vor Stil bildend! Der sofortige Einsatz machte diese Technik sehr attraktiv: So konnte ich unzählige anonyme Eingriffe oder Interventionen im öffentlichen Raum (Guerilla-Kunst-Einsätze) dokumentarisch festhalten. Nach und nach liess mein Interesse an der Polaroid-Fotografie nach – leider – und dank Roger M. Lévys Enthusiasmus an dieser sich neu formierenden Technik eröffnet sich mir ein erwachtes Interesse.

Nachsatz: Für mich unverständlich, weshalb der Physiker Edwin Herbert Land für diese geniale Erfindung nie einen Nobel-Preis erhalten hat!

Niklaus Lenherr
, Dezember 2010

Zu den eingescannten Polaroid-Fotos:
Ende der 70er Jahre, während meines Studiums an der F+F in Zürich, lebte ich in Bäretswil. Mein Atelier, oder präziser mein Labor mit dem Nordfenster, war ein idealer Ort, um räumliche Aspekte in zweidimensionale Entwürfe umzuformen. Farbige Klebebänder oder Wand-Tafel-Kreiden setzte ich häufig ein, um Raum-Kanten darzustellen. Die brüchigen Linienzeichnungen entstanden tagsüber an Wänden und Mauern an den unterschiedlichsten Orten. Sie blieben oftmals über Wochen und Monate sichtbar, bis eine sauberkeitsliebende Hand diese entfernte oder die nach und nach in Folge witterungsbedingter Einflüsse verschwanden.


PS: Hinweis –> Klick auf die Aufnahmen zeigt eine vergrösserte Ansicht
Weitere Polaroid von Niklaus Lenherr –> hier

1 Kommentar:

  1. Danke für den Bericht. Niklaus war mal mein Lehrer an der F+F. Das Polaroid Thema ist aktuell und interessant!!

    AntwortenLöschen