Bruno Schlatter teilt mit (Montag, 13.9.2010)
Heldenplatz mit Michael Degen (an den Stöcken)
Offizielle Staatskarosse der Republik Kugelmugel
Am Sonntagabend ins Theater in der Josefstadt zum ‚Heldenplatz‘ von Thomas Bernhard, anno 1988 zum 50. Tag vom Anschluss Österreichs an den Adolf mit dem komischen Schnauz (1: verkündet am Heldenplatz heutiger Maria Theresienplatz 2: Zufälle gibt’s, siehe Blog von vorgestern). Kann als Schweizer die Skandale, die das scheinbar dazumal ausgelöst hat nicht verstehen, aber das ist vielleicht das Problem, das ich gestern angesprochen habe mit dem Kennen und der Peer-Group, was dann auch einen Einfluss auf das Verstehen hat. Alles in allem eine brave Aufführung mit zwei drei gelungenen Specialeffekten, ein paar, meiner Meinung nach, eher harmlose… gut ich bin kein Wiener, Beschimpfungen an die Wiener, respektive alle andern Österreicher kommen noch viel schlechter weg. Thema ist der Selbstmord eines Professors, der findet, dass es heutzutage (also 1988) schlimmer ist als zur Nazizeit selber, was in den Reflektionen der Überlebenden ausgetragen wird. Der Starschauspieler Michael Degen spielt den Bruder des Selbstmörders, einer der nicht mehr protestiert, der schon lange nicht mehr protestiert, der wahrscheinlich gar nie protestiert hat.
Lese dann nach und sehe, dass vermutlich Kommunikationsprobleme den Skandal auslösten, weil veröffentlichte Theaterpassagen für Bernhards Meinung gehalten wurden. Auf jeden Fall braucht es heute keinen Polizeischutz mehr und Jauche verteilt auch keiner vor dem Theater. Das Theater als solches ist sehr edel, viel Rot und Gold mit Skulpturen und Wandgemälden: chic (oder zum speiben?)!
Im Anschluss noch in den Pub (erraten: um die Ecke), in den ich noch nie gegangen bin, weil es zu wenig Leute hat, aber heute sehe ich den Roger Federer spielen, merke dann aber bald, dass es nur eine Aufzeichnung ist: der Typ lässt nach, müsste das Match eigentlich nach Hause bringen….
Diana Krall singt mir den Geburtstagsmorgenjazz und liefert gleich ein Motto mit ‚Only trust your heart‘ (1994). Hab sie aber erwischt: in 2 Monaten ist sie selber dran, dann sind wir wieder im gleichen Jährchen. Die gut konservierte Klavierdame gibt relativ konservative Jazztunes zum Besten, geht auch gut als Hintergrundmusik.
Nach Badezimmerputz und Einkäufen, u.a. einem Fläschchen Wiener Sekt -da sind wir aber gespannt darauf- habe ich jetzt endlich auch ein Profil, das ist eins der zwei grossen Nachrichtenmagazine Österreichs mit fundierten Artikeln zur Welt- und Österreichpolitik, wird vom gleichen Herausgeber wie der Standard produziert. Da drin stossen wir auf verschiedene Sachen, die uns auch beschäftig(t)en in letzter Zeit: Schullandschaft, unseren Nachbarn Grasser, Pankahyttn, Kim Il Sung, Heldenplatz…
Am Nachmittag ins Pankahyttn (=Pankerhütte für alle Hüttenkünstler und nicht Wiener) zur Vernissage der Ausstellung ‚Punk in Wien‘, wo Bilddokumente aus den letzten 4 Jahrzehnten gezeigt werden. Beim Eintreten bemerkt meine unterdessen Nichtrauchernase schnell, dass sogar der Geruch stimmt. Stimmig auch die Leute (ausser mir und zwei drei Quotenpolitikern in Anzug). Die Ausstellung besteht aus vielen Fotos, Zeitungsartikeln und Fanzineseiten, besonders schön die Wand mit (fast) allen alten Fanzines, da wurde viel gekritzelt (Anmerkung an die Redaktion: zwei- dreimal hatte ich das Gefühl, dass da noch mit Schnapsmatritzen gearbeitet wurde in den 70ern respektive 80ern! Red.-Antwort zurück: haben die keine mehr zum Kaufen? ;-)). Sehr schön die Fotoromanza für Punks. Stosse in einem Fanzine auch auf die Geschichte der Wohlgroth anfangs 90ern in Zürich und der Räumung und erinnere mich an unser Jenseits-Konzert zum ersten offiziellen Räumungstermin, welchen die Polizei versäumte, aber ‚Jenseits der Ordnung‘ waren damals bekannt dafür, dass wir als Vorankündigung des Untergangs spielten… Die Ausstellung dauert an und wird mit Vorträgen und einschlägigen Konzerten erweitert, mal schauen, ob wir nochmals davon berichten.
Noch nicht ganz untergegangen ist die Hoffnung auf ein Treffen mit lebenden Republik Kugelmuglern, bin anschliessend an die Adresse gefahren, die ich auf dem Prater entdeckt habe und habe eine heisse Spur entdeckt, leider war aber niemand zuhause, so dass ich ein Karte mit der Bitte um Kontaktaufnahme hinterlassen musste. Sind wir gespannt, sonst geben wir es dann irgendwann auf: wer nicht will, hat gehabt!
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Heldenplatz
Jenseits der Ordnung (mit Livebildern aus der Wohlgroth… aber auch von sonst)
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