Freitag, 24. September 2010

Schlatter unterwegs LXXXI: Der kleine Gürtel-Walk: von Maultrommeln und Tschick

Bruno Schlatter teilt mit (Donnerstag, 23.9.2010)

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Hindoslem im Chelsea

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Der ‚hot en Tschick‘, Oval im Rhiz

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Parotom im Chelsea

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Maultrommler am Werk im 3rd Floor des Café Concerto

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Fries von aussen (Klimt, Beethovenfries)

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Wildschweinderl

 

Ich mache den kleinen Gürtel-Walk und starte bei den Mautrommlern im 3rd Floor des Café Concerto, wobei der Verein anfangs aus genau einem Maultrommler besteht. So macht man Karriere, gestern war ich noch der einzige auf der Gästeliste, heute schon der einzige Gast. Folglich kommen Robert Koch und ich schnell ins Gespräch, er erklärt mir zuerst, dass der ‚Schanigarten‘ das Strassencafé auf dem Gehsteig ist, als zweites das Wesen der Maultrommel, drittens, dass die besten in Österreich von Jofen aus Molln produziert werden, und viertens, dass Molln überhaupt das Zentrum der österreichischen Maultrommelverrückten ist. Er verrät mir auch, wieso er heute nicht mehr gerne in Bands spielt, weil er viele Projekte erlebt hat, die nach langer Arbeit einen kurzen Schluss im Streit unter Musikern nach den ersten Auftritten fanden. Ich schnappe mir mal eine CD vom ‘Looping Jaw Harp Orchestra‘. Werfe einen ersten Blick auf die Songwriter, die unterdessen ihre Open-Stage gestartet haben. Lohnt nicht zu bleiben.

Weiter geht’s im Chelsea mit deftigem Rotz, ‚Hindoslem‘ mischen Metal und Hardcore-Elemente, dass die Beine zappeln. Manchmal der röhrende Stil, dann wieder komplexe Breaks mit Chorgesängen, plötzliche Ska-Einschübe und das alles als eingespielte Crew. Gefällt mir.

In der Umbaupause schaue ich ins Rhiz, aber noch nichts los, also wieder ins Café Concerto, die Songwriter haben gewechselt, jetzt ein eher bemühter Pianoplayer, der aber seinen Fanclub dabei hat und von Zugabe zu Zugabe nervt.

Schaue also nochmals in den 3rd Floor. Super, ein zweiter Maultrommler hat sich eingefunden, Bernhard Mikuskovics hat sonst noch einige Instrumente dabei und freut sich über meinen Schweizer Dialekt. Jetzt ist alles da, was es braucht: der Verein und Publikum und ich komme zu einer Kostprobe. Mikukovics Musik höre ich mir dann nachts auch auf der Website an: uffa… der hat spannende Sachen ob!

Auf dem Rückweg ins Chelsea schnell den deutschen Klangexperimentler ‚Oval‘ angehört, macht Loops seit Jahren im Noisebereich. Find es nur ein wenig ein lächerliches Bild, der engagierte Herr hinter seinem Laptop ‚hot en Tschick‘ (Übersetzung für Nichtwiener: hat nen Kaugummi).

Im Chelsea donnern jetzt Parrotom von den Brettern, das Trio ist einen Tick poppiger als Hindoslem, spielen mit Computer im Rücken, zeigen aber handfestes Rockhandwerk.

Zurück ins Café Concerto, die Songwriter sind endgültig ins Covern abgeglitten, mein Leben lang habe ich darauf hin gearbeitet, genau diese Version von ‚House of the rising sun‘ zu hören…

Schnell zu den Maultrommlern, die immer noch beim Bier sitzen und interessante Gespräche über die Obertonszene und die Internationalität des Maultrommelns. Zwischendurch erklärt uns der Wirt, wieso in Österreich das Bier nicht aus einem Guss gezapft wird, sondern die Unsitte herrscht, immer zwei Kübel gleichzeitig zu beginnen und zusammenzumixen, wobei auch das alte stehende noch benutzt wird.

Die Songwriter bemühen noch ‚Let it be‘ und andere fantasievolle Covers, ehe wir alle nach Hause müssen.

Das 3. Josefstädter Bohrorchester übt heute Donnerstagmorgen das grosse Orchesterwerk und hat sich dafür mit Schleifmaschine und Hammer verstärkt.

Da passt mir die knarrige Stimme von Albert von Morawitz auf ‚Ein Stein in einem Schuh‘, 1999, besser. Der Herr tönt so bewegt, wie sein Leben gewesen sein mag. Lebt in Wien und komponiert einige Lieder mit Pfiff, wird aber von Lied zu Lied braver um im Konventionellen einzuschläfern.

Bis fast 4 Uhr arbeite ich an den Schwarzenberg Texten.

Dann gehe ich in die Secession, wo der Beethovenfries von Klimt schon wartet. Ein rundum gelungenes Werk, das ich allerdings wieder mal nicht fotografieren darf, aber den ganzen Rest! Oben die Ausstellung von Lara Almarcegui, die Bauschrott in schönen runden Haufen in Kegelform präsentiert aufgrund langer Studien, im zweiten Raum ein Parkettboden, den sie renovieren liess und den Prozess mit der Fotokamera begleitete. Das dritte Werk ist eine Broschüre zu den Brachlandschaften am Nordbahnhof…

Weil ich noch Zeit habe, wandere ich den Naschmarkt ab, den ich eher langweilig empfinde: Fisch, Fleisch, Gewürze und Süsses ist das immerwiederkehrende Motto in der einen Zeile, die andere besteht aus Knellen und Restaurants. Sicher zum Teil gute Ware, aber eben…

Um sechs treffe ich nach einem Achtel Weissen im Operncafé Marlis. Sie war in Zofingen politisch aktiv und Ochsengast, als ich dort gastronomierte. Sie lebt seit 20 Jahren in Wien und führt mich in ein tolles Restaurant, wo sie mich piekfein einlädt: Vorspeise mit geflämmtem Ziegenkäse, Hauptspeise Lachs und Wildschwein und zum Dessert heissen Schokoladekuchen vom Feinsten (Link wird nachgeliefert). Danke!!! Wir unterhalten uns weniger über alte Zeiten als über die Entwicklungen, gemeinsame Bekannte (Gruss an alle von Marlis Kunz) und Wien.

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Maultrommelverein

Hindoslem

Bernhard Mikuskovics

Parotom
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