Sonntag, 16. Mai 2010

Zürcher Lehrlings Foyer - Das Programm Juni/Juli 1968 - mit Disc-Jockey Roger (aus meinem Archiv)

Zuercher Lehrlings Foyer I
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Die späten 1960er Jahre haben viele Orte des Widerstands geboten. Eines war das Zürcher Lehrlings Foyer an der Ackerstrasse / Limmatstrasse. Hier wurden Gespräche geführt und “Party gemacht” (wie man heute sagen würde). Ich war 1968, als 16jähriger, in diesem Forum engagiert. Vor allem kümmerte ich mich um die Musik:

Zuercher Lehrlings Foyer II

Je nach Lust und Laune, bzw. Stand der Kasse, bestritt ich ganze Abende oder war als Pausenfüller aktiv. Auch anders - Ihr Moderator durch die Nacht. Man bedenke, damals waren Disc-Jockey’s noch nicht zum reinen Plattenaufleger degradiert. Wir hatten tatsächlich noch ein Mikrophon und sagten die einzelnen Titel an. Hinzu kamen Infos zu den Bands oder sonst irgend welche “eigenartige” Sprüche, je nach Pegel …

Zuercher Lehrlings Foyer III

Musik war aber nicht alles, was das Forum zu bieten hatte. Jeden Mittwoch war die Bühne eine GesprächsRunde. Da ging es um Pillen, Babys, Gewissen, Marx, Lenin, Stalin und die Aufklärung deiner Kinder.
Doch die ThemenAnsage war oft eine reine Täuschung. Meistens entgleiste das Gespräch nach wenigen Minuten und niemand interessierte sich für “Chemie für jedermann”. Schliesslich gab es nur ein Thema - Die Jugendrevolte - und diese bot unzählige Wege zur Ablenkung.

Ich kann mich noch gut an den Abend “Marx, Lenin, Stalin, Kommunismus: Was bedeuten dir diese Namen?” erinnern. Verschiedenste Gruppierungen war anwesend, die Stalinisten, die Leninistern, die Marxisten, die Anarchisten, die Maoisten, die Marxisten-Leninisten usw usw . Und jeder der “Vertreter” wollte seine Gegner von “deinem falschen Weg” überzeugen. Lenin kann’s ja nicht sein, schau dir mal Mao an. Mao kann’s ja nicht sein, schau dir mal Lenin an.
Und wenn gar nichts mehr sich bewegte, gab es ideologischen Krach, gab es lautstarkes, verbales Niederkämpfen der Gegner. Die Pflastersteine wurden woanders eingesetzt, von den meisten. Da wurden die Grenzen plötzlich fliessend, für einen Nachmittag. Und anschliessend gings dann, z.B. ins Zürcher Lehrlings Foyer um bei Disc-Jockey Roger und seinen Soul and Psychodelic Tonträger zu entspannen (heute - chillen).

Zuercher Lehrlings Foyer IV

PS: Die Aktionswoche wurde übrigens zum Ende des Foyers. Wieder waren es politischen Gruppierungen, die sich nicht einigen konnten und die Leitung musste die Türen schliessen, zumindest vorübergehend.
Ich war dann auch weg von Plattenteller und Gesprächsbühne. Neue Aufgaben warteten auf mich, nicht zuletzt auch auf der Strasse.

 



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