Bruno Schlatter teilt mit (Donnerstag, 26.8.2010):
Hier habe ich wirklich was dazu gelernt. Ein früherer Ersatz eines Rades, der Radschuh
Am Abend Interview mit Claudia Berg, die als Künstlerin am Projekt Z(orten) teilnimmt (natürlich ist sie auch schon persönlich involviert, weil sie mit diversen Projektanten studiert hat). Sie arbeitet an einem Animationsfilm anhand eines Märchens von Lili Schwarz, der hiesigen literarisch-historischen Grösse. Das Märchen ist eine klassische Liebesstory mit Prinzen als Stallbursche und Happy-End. Seit Tagen sehe ich Claudia unermüdlich an ihren Figuren und Kulissen rummalen und dieselben ausschnipseln. Die Arbeit soll an der Finissage am 24. – 26. September gezeigt werden.
Anschliessend beobachte ich die Projektgruppe von Toni bis Mariann, Manu und Sophie, welche heftige Diskussionen um die Gestaltung der abschliessenden Präsentation führen, dann wird insbesondere die kunstpolitische Diskussionsrunde, die die Finissage abrunden soll, ausgearbeitet. Es geht darum, die Inhalte zu definieren und die relevanten Podiumsdiskussionsteilnehmer zu finden. Hie und da kann ich es nicht lassen, meinen Senf dazu zu geben. Die Konsensfindung ist -wie allgemein bekannt- ein langwieriger Prozess , das mehrere Flaschen Rotwein verschlingen kann und auch -wie es sich gehört- zu einigen Vertagungen führt.
Heute morgen lustiges Erwachen. Ich höre draussen zwei waschechte Zortener in breitestem Bündnerdialekt über die jungen Leute vom Stall reden, sogar ‚ein Hotel haben die, komm wir gehen schnell schauen‘, schwups und schon öffnet sich die Türe meines Gartenhäuschens! „Uups, da ist jemand, Entschuldigung“, höre ich und das Schliessen der Türe, „ doch da war jemand, zumindest liegt da ein Portemonnaie und so…“ Mich hatten sie natürlich nicht gesehen, weil ich über ihren Köpfen unter dem Dach lag und ihnen die Peinlichkeit meines Anblickes ersparte.
Nach dem Morgenessen der übliche Gang zum Friedhof zwecks Internet. Nicht viel los in der weiten Welt, nur in Oftringen suchen sie Leute fürs Fussball spielen: muss sie vertrösten, ist von Wien aus definitiv zu weit. Und der Dominik Riedo zweifelt auf Facebook daran, dass ich Welt sei… gut, aus der Provinz betrachtet vielleicht nicht… aber wer ist eigentlich Riedo?
Zurück und Auswertungsarbeiten erledigen: Filmchen öffnen und beschriften um den Schnitt vorzubereiten und schreiben.
Nachher packen und den Gästebucheintrag ersinnen, vor dem Interview mit Manu, der auch seit 3 Jahren beim Wiederaufbau des Stalles mitgeholfen hat und jetzt tatkräftig im Projektteam mitanpackt, wo immer es nötig ist. Sein eigenes Projekt ist mit Toni zusammen die Hütte, für welche sie auch von den Zortener Nachbarn viel Material gespendet bekamen. Manu gefällt die Verflechtung von zusammen leben und Kunst produzieren vor Ort sehr gut, er freut sich an den Leuten, die dann ihre Projekte auch wirklich ernst nehmen und mit der nötigen Seriosität durchführen.
Den Nachmittag besuchen wir das Ortsmuseum in Zorten, natürlich finden wir hier alles was zu so einem Dorf gehört, vom Webstuhl über den Wagner, Schmid und Korbflechter bis zu Bergkristallen und Schmetterlingsfotos. An bei gibt es dann noch die Sala Parpan, Parpan heisst hier alles: ein Dorf, jeder Laden und jedes Baugeschäft bis zu Toni dem Stallbauer… Ferdinand Parpan ist der verlorene Sohn Zortens, der lange in Paris als Bildhauer gewirkt hat und Zorten an seinem Lebensabend viele Skulpturen vermacht hat unter der Bedingung, dass sie der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden. Parpan hat viele religiös motivierte Arbeiten hinterlassen, viele Skulpturen, die wohl eher in den Bereich Handwerk gehören, dann aber überrascht er immer wieder mit eleganten, abstrahierten Formen, zum Beispiel seinen Tierfiguren, aber auch mit an Rodin mahnenden Figuren.
Wie ich vor dem Museum draussen auf der Holzbank sitze und das Buch über Parpan studiere, kommt noch Claudia um ebenfalls das Museum zu besuchen, kurz darauf geht Ana-Lina vorbei, mit der ich den Bus um 15.55 besteige. Im Zug nach Chur packt sie diverse NZZ-Folios aus (ihre Belegexemplare) womit für spannende Lektüre gesorgt ist über unverbesserliche Optimisten und tragisch gescheiterte Helden wie auch wundervoll gescheiterte: unter ihnen die Schweizer Fussballmannschaft von anno 1924, welche ja auch in meinem Roman ‚Unter die Latte‘ gewürdigt wird (hier als Rätsel, welches Ana-Lina mit ihre Grafik versehen hatte).
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Ferdinand Parpan
Der Radschuh
Eigenwerbung darf auch mal sein: Unter die Latte (pdf)
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Dabei bin ich doch Nies-Minister von Noseland... :-))
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