Donnerstag, 11. Oktober 2007

Lehrstellensuche! Wie war das eigentlich vor 40 Jahren? und Heute?

Hinweis: Dies ist eine von trigami vermittelte Auftragsarbeit, für welche ich ein Honorar erhalte. Konkret heisst das: Ich werde dafür honoriert, dass ich über ein Produkt oder eine Dienstleistung schreibe (und nicht dafür, dass ich positiv darüber schreibe). (Mehr Informationen)





Damals verlief eigentlich alles ruhig und (un-)überlegt. Im zweiten Sekundarschuljahr mussten wir bei der städtischen Berufsberatung antraben. Dort mussten alle MitschülerInnen einen Fragebogen ausfüllen, wofür wir ca. 1/2-Stunde Zeit hatten. Danach ging das grosse Warten los. Keiner hatte Lust, niemand war "irgend wie motiviert". Wir haben das Jahr 1968 geschrieben. Der Reihe nach wurden wir dann in ein Büro gerufen und mussten einem Berufsberater weitere Auskünfte zum (ausgewerteten?) Fragebogen erteilen. Der Beamte stellte einige Fragen und erkundigte sich nach meinen handwerklichen Fähigkeiten. Niente, war meine Antwort. Ueber das Spielen mit Lego-Steinen sei ich nie gross herausgekommen. "Lego", das war wohl das Stichwort. Sofort hackte er da ein und kam zum Schluss, dass ich sicher für einen "technischen" Beruf geeignet wäre. Er hätte da eine interessante Lehrstelle als Feinmechaniker. Ich konnte mir nichts darunter vorstellen, dachte aber: Was du hast, hast du, und lies mir die Adresse geben, bzw. ein Empfehlungsformular.
Meine Mutter nahm dann mit dem (zukünftigen) Lehrmeister Kontakt auf und alles ging ohne mein Zutun über die Bühne. Beim Besuch in der Werkstätte wurden mir Drehbank und andere Geräte gezeigt. Es folgt ein kurzes Gespräch und fertig war die (zukünftige) Katastrophe.
Jedenfalls trat ich die Stelle an und wunderte mich bereits nach wenigen Wochen über die Arbeiten der anderen Lehrlinge und der "Fertigen". Jeder stand an einem Drehbank und stellte die gleichen Schrauben her, ganz feine, kleine, glänzende. Da kann doch was nicht stimmen, dachte ich und fragte den Lehrmeister, ob ich alles richtig erkannt habe: "Alle machen das Gleiche". Ja, meinte er, aber es sei eine Hochpräzisionsarbeit und da brauche es eben Fachleute dazu. Fachleute? Schraubendreher? Nö, Danke, ohne mich. Ich besprach die Angelegenheit mit meiner Mutter, diese wandte sich an das Berufsbildungsamt und innert weniger Tage war der Lehrvertrag wieder aufgelöst. Ich habe dann noch ein paar Monate im gleichen Betrieb weiter gearbeitet, als Hilfsarbeiter. Und was machte ich? Schrauben drehen! für gutes Geld.

Und wie ging es weiter?

Ich suchte selbständig und auf eigene Rechnung einen Berufsberater. Um 7-Ecken wurde mir ein älterer Profi empfohlen, der mir gleich 5 x 1 Stunde Beratung aufbrummte. Das ganze sollte ein paar Hundert Franken kosten, für die damalige Zeit gewaltig viel, aber es war ja für die Zukunft. In jeder dieser Stunden machte er eingehende Tests mit mir, führte aber auch Gespräche zur Vertiefung. In der letzten Stunde kam er zum Schluss, dass ich zu 2/3 ein Flair für's "Händele" und 1/3 für's "künstlerische" hätte. Er würde mir eine kaufmännische Lehre in einer Werbeagentur empfehlen. Da könnte ich beide Berufungen unter ein Dach bringen. Gesagt, getan und eine Woche später bekam ich von einer Zürcher Werbeagentur ein Schreiben, mit dem ich aufgefordert wurde, mich zu melden, selbstverständlich auf Empfehlung des erwähnten Berufsberaters.
Als ich das "Leben" in dieser Agentur wahr nahm, gab es keine Fragen mehr. Ich griff zu und bin heute noch über diese Entscheidung froh.

Zum Feinmechaniker meinten dann viele Jahre später immer wieder Leute, dass das eben "früher" so war. Jugendliche wurden einfach da hin vermittelt, wo ein grosser Bedarf bestand. Egal ob mit oder ohne "Lego-Bausteine".

Und heute?

Viele Jahre sind vergangen und ich habe das Problem Berufswahl nie los bekommen, dank meinen Kindern. Doch die Situation hat sich um 360 Grad gewandelt. Auffallend ist, dass Kinder sich immer früher entscheiden müssen. Bereits in der ersten Sekundarklasse wurde unser Jüngster damit belästigt, mit 13 Jahren. Unglaublich. Er ist absolut noch nicht so weit und hat genug Probleme mit seiner Pubertät.


14jährige Jugendliche auf einem Pausenplatz (inkl. unserem Sohn)

Und so halten wir entsprechende Schritte bewusst von ihm fern, schauen aber aus dem Hintergrund heraus, dass keine Steine in den Weg gelegt werden. Er selber hat sich schon entsprechend gemeldet: "Du, Papi, die wissen alle schon, was sie für einen Beruf wählen werden. Ich habe keine Ahnung". Meine Standard-Antwort: "Ich auch nicht. Aber das kommt schon noch, verlass dich drauf".

Wie das Amen in der Kirche wird die Entscheidung eines Tages anstehen und damit auch die Lehrstellen-Suche. Als Student, wie meine anderen Kinder, sehe ich ihn nicht und so werde ich wohl eines Tages das Portal Lehrstellenboerse.ch bemühen. Schon heute sehe ich "heimlich" da mal rein, bereite mich auf das was kommen wird vor. Erfreulich ist, dass es da auch eine Praktikabörse gibt. Ich finde, bevor eine (event. falsche) Entscheidung getroffen wird, die Jugendlichen zuerst die Möglichkeit haben sollten, Praktikas zu absolvieren. Eine meiner Töchter hat diesen Weg beschritten und dank dieser Möglichkeit ist bis heute, so-weit-so-gut, alles bestens gelaufen. Das Praktikum hat sie in der Entscheidung bestätigt. Sie absolvierte eine Lehre als FAGE (Fachangestellte Gesundheit) und studiert heute Psychiatrie-Schwester. Wer hätte das damals, vor der Wegfindung, gedacht.
Und genau so wird es mit unserem Nachzügler gehen. Irgendwann werden wir, meine Frau und ich, sagen: Wer hätte das gedacht! und die Lehrstellenboerse wird dabei gewesen sein. So ändern sich die Zeiten, gut so!

Wer sich zusätzlich für die technischen Belange des empfohlenen Protals interessiert, wird bei Roman Hanhart (hier) bestens informiert. Ich bin ja kein Feinmechaniker, oder so …




Tag(s): lehrstellen lehrstellenbeorse praktikum pubertät jugendliche jugend

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen