Freitag, 8. April 2011

Rahel Grunder: 9. Tag - Ende der Reise

Rahel Grunder teilt mit:

„Wollen Sie einen Flug buchen?“, fragt mich die Mitarbeiterin des Reisebüros Flora. „Nein! Ich habe doch hier noch so viel zu erledigen,“ denke und „Wäre schön,“ antworte ich.
Zum ersten Mal in meinem Leben sitze ich auf einem Erstklassflugsitz der in einem Reisebüro steht und zum ersten Mal seit zwei Wochen warte ich eine halbe Stunde auf die Erlaubnis, dass ich malen darf. Ich fühle mich wie ein Elefant im Porzellan mit meinen farbbekleckerten, löchrigen Malerkleidern.
Schliesslich kann die Verbindung zum Chef in Miami oder sonst wo hergestellt werden und ich beginne meine Farben anzurühren.

Nach zwei Wochen Malen im öffentlichen Raum fühle ich mich ausgelaugt. Vom Wetter, dem frühen Aufstehen, den vielen Eindrücken und Gesprächen mit Passantinnen.
Die Begegnungen wiederholen sich zum Teil in ihrer Art oder dem Verlauf. Dennoch ist jede Auseinandersetzung individuell und spannend. Ich habe noch nie in so kurzer Zeit so viele Menschen auf der Strasse kennen gelernt.
Jetzt bei dem schönen Wetter gleicht Luzern einem Bienenhaus und Drohnen sowie viele Arbeiterinnen schwärmen aus und tun total geschäftige Dinge.
Die Königinnen räkeln sich in der Sonne und geniessen die Wärme.
Heute habe ich nicht so Lust auf tiefe Gespräche. Ich male eilig, denn die Acrylfarbe trocknet in der Sonne noch schneller als sonst.
Ich kriege Besuch von einem jungen Mann aus Afrika, von wo genau weiss ich leider nicht. Er wohnt seit zwei Jahren in der Schweiz, malt auch und verbringt mangels sprachlicher Kenntnisse lange Zeit neben mir schweigend, beobachtend. Das finde ich total angenehm.
Dann die Frau vom Reisebüro. Sie findet es toll, das mit den Füchsen. Und irgendwie amüsant. Und dann geht sie wieder in ihr schattiges Büro und ich sehe ihr an, dass sie gerne mit mir den Arbeitsplatz tauschen würde.

Ich entscheide mich, dies als letzter Tag meiner ersten Staffel Malaktion zu deklarieren. Ich brauche eine Pause vom öffentlichen Raum. Viele Eindrücke, die verarbeitet werden wollen, schwirren in meinem Kopf herum.
Mit wem muss denn nun mal ein ernstes Wörtchen geredet werden bezüglich der Nutzung und Gestaltung des öffentlichen Raumes?
Ich beginne von oben: Stadtrat, Amt für Veranstaltungen im öffentlichen Raum, Bauverwaltung, Polizei, SIP (Sicherheit, Intervention, Prävention), Architektinnen, Raumplanerinnen und nicht zu letzt auch noch die Strassenfegerinnen und Abwärtinnen. Was ich denke und was jedoch auch vergessen geht ist, dass wir Menschen, die den öffentlichen Raum täglich benutzen und dadurch auch gestalten, dass wir diejenigen sind, die am Anfang jeder Nutzungsentscheidung stehen. Alle weiteren aufgezählten Institutionen und Ämter sind angestellt um unsere Interessen zu vertreten, nicht zu beschneiden und daran sollten wir sie ab und an auch mal erinnern. Wenn es uns selbst mal in den Sinn käme!

Rahel Grunder, 7.4.2011


Rahel Grunder ist am Freitag, 08. April 2011 an folgenden Orten anzutreffen:

Wie Rahel Grunder in ihrem Bericht mitgeteilt hat, ist die erste Staffel beendet. Es geht aber weiter, in veränderter Form. Hier die Daten als Vorschau und für den interessierten Kalender:

Montag, 18. April 10 - 16 Uhr Falkenplatz
Dienstag, 19. April 10 - 16 Uhr Bushaltestelle Kantonalbank
Mittwoch, 20. April 10 - 16 Uhr Kapellplatz
Donnerstag, 21. April 10 - 16 Uhr Torbogen ***
Samstag, 23. April 10 - 16 uhr Luzerner Theater

*** zu diesem Tag wird es noch eine gesonderte Einladung geben. Merkt euch jedoch diesen Tag schon mal ganz besonders vor.


 

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